Panik in der U-Bahn

Deutsche Evangelisten für Terroristen gehalten

In Valencia (Spanien) brach in der Metro Chaos aus, als Passagiere eine Gruppe von deutschen «Evangelisten» mit Terroristen verwechselten. Eine Frau wurde verletzt. Die neun Deutschen sind gegen Kaution entlassen worden.

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Metro in Valencia (Spanien)
Die Gruppe von neun Mitgliedern der Organisation «Werde Licht» begannen in der Metro in Valencia zu predigen. Einer sprach in Deutsch, und ein anderer übersetzte seine Worte mit einem Megaphon. Die Bahn war voller Pendler, Touristen und junger Leute, die unterwegs in Bars und Nachtclubs waren.

«Diese Metro ist voller Sünde»

Smartphone-Aufnahmen, die in verschiedenen spanischen Medien gesendet wurden, zeigen einen der Prediger, der mit lauter Stimme verkündet: «Wir haben eine Botschaft für euch. Diese Metro ist voller Sünde, voller Drogen, Alkohol und Hurerei. Das Wort Gottes sagt….» Daraufhin rief ein Passagier scherzhaft «Wir werden alle sterben», woraufhin Panik ausbrach und Dutzende den Zug verlassen wollten, bevor der Mann rufen konnte: «Ich mache nur einen Witz!». Die «Evangelisten» riefen durchs Megaphon «Habt keine Angst, fürchtet nur die Sünde», aber es war zu spät. Sicherheitskameras zeigen, wie viele Passagiere in Richtung Tür rannten und übereinander fielen. 

Die neun Deutschen (zwischen 19 und 42 Jahren alt) wurden von der schnell herbeigerufenen Polizei aufgefordert, den Zug zu verlassen. Traktate mit Titeln wie «Wohin gehst du, wenn du heute stirbst? In den Himmel? In die Hölle?» wurden konfisziert, die Männer schliesslich verhaftet. Sie wurden am 10. August nach sechs Tagen gegen eine Kaution von je 3'000 Euro entlassen. Sie dürfen Spanien aber noch nicht verlassen, denn der Richter untersucht im Moment, ob die Deutschen wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses angeklagt werden.

«Werde Licht» erklärt und entschuldigt sich

In einer Youtube-Botschaft entschuldigte sich der Leiter der Gruppe «Werde Licht», Markus von Ahmed, für den Vorfall. «Was da geschah, war klar nicht unsere Absicht.» Aus den Videoaufzeichnungen gehe klar hervor, dass nicht die Predigt selbst das Chaos ausgelöst habe, sondern die Rufe von zwei Passagieren. «Wir sind keine Sekte, sondern eine Gruppe von normalen Christen mit Familien und Jobs», erklärte er. Das Ziel der Gruppe, zu der frühere Muslime gehören, die sich zu Christus bekehrten, sei es, «in den Städten zu bezeugen, dass Jesus der einzige Gott und Retter ist».

Spanische Evangelikale: «Unweise Kommunikation des Evangeliums»

Evangelikale Leiter in Spanien reagierten überrascht. Pastoren aus Valencia kritisierten die «unweise Kommunikation des Evangeliums». «Ich glaube, dass das ein klares Beispiel ist, wie die kontextuelle und die transkulturelle Kommunikation des Evangeliums nicht funktioniert hat», erklärte Jesús Londoño, Koordinator des spanischen Netzwerks der Missionen. «Man muss die Leute kennen, die Orte und die richtigen Zeiten, wenn man das Evangelium an andere weitergeben will.» Im Namen anderer Missionen in Spanien hoffe er, «dass dieser Vorfall nicht zum Hindernis für zukünftige Projekte wird, die Gute Nachricht in unserer Gesellschaft zu kommunizieren».

Hoffentlich Evangelikale nicht stigmatisiert

Der Spanische Bund evangelischer religiöser Werke (FEREDE) hofft, dass der Anlass nicht dazu diene, Evangelikale zu stigmatisieren. «Wir vertrauen voll darauf, dass die spanische Justiz diesen Vorfall mit Augenmass und Fairness behandeln wird», erklärte sie und drückte die Hoffnung aus, dass der Fall schnell abgeschlossen würde. «Ausländische Personen und Organisationen, die sich in unserem Land religiös betätigen wollen, sollten sich über die Normen informieren, die die religiöse Freiheit in Spanien regulieren.»

Die Erklärung schliesst: «Wir hoffen, dass diese bedauernswerten Vorfälle nicht wieder geschehen; wir hoffen auch, dass sie nicht von den Medien und einigen Gruppen in unserer Gesellschaft genutzt werden, den Glauben anderer Bürger zu karikieren, zu stigmatisieren oder Einschränkungen des fundamentalen Rechts auf Religionsfreiheit zu fordern.» 

In einigen Tagen gedenkt Barcelona des furchtbaren Terroranschlags, an dem am 17. August 2017 15 Menschen getötet wurden.

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Datum: 15.08.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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