Junge Alte helfen alten Alten

So betreut die ETG Bern ihre Hochbetagten

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Eine Welle an Herausforderungen kommt auf die Gesellschaft zu, sobald die starke Nachkriegsgeneration ins hohe Alter kommt. Das wird auch die christlichen Gemeinden nicht kalt lassen. Wie sie damit umgehen könnten, zeigt das Beispiel der ETG Bern.

An der Tagung «Familie und Alter» Mitte Juni sprachen Fachleute über die Herausforderungen der Viergenerationen-Gesellschaft. Wenn die sogenannten Babyboomer (Menschen, die zu den Zeiten steigender Geburtenraten nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden) alt werden, kommt das System an Grenzen. Wer soll diese Menschen alle betreuen? Private Betreuungspersonen haben oft nicht die Kraft, dies zu bewältigen. Und auch das Personal in Altersheimen kommt immer mehr ans Limit. Somit werden auch christlichen Gemeinden und Kirchen künftig den Fokus verstärkt auf diese Menschen richten müssen.

ETG Bern bezieht junge Rentner mit ein

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Peter Marti
Es gibt dazu bereits Ansätze. So führt zum Beispiel die Evangelische Täufergemeinde (ETG) in Bern ein «Betagtenheim», das von Diensten und Freiwilligen der Gemeinde unterstützt wird. Die jüngeren Alten, die über 58-Jährigen der Gemeinde, helfen im Programm «Generation 3» mit, die älteren Menschen (Generation 4) zu betreuen. Bei diesen Einsätzen der «Generation 3» macht auch der ehemalige Gemeindeleiter Peter Marti (71-Jährig) mit. «Dass wir an noch älteren Menschen im angegliederten Betagtenheim eine Aufgabe zu erfüllen haben, ist für viele klar», sagt Marti. «So gibt es organisierte Frauengruppen, die jeweils am Donnerstag die Cafeteria betreiben, Besuche machen, Bewohner zu einem Spaziergang einladen oder Gelegenheit zum Gespräch bieten, Zeit mit ihnen verbringen. Immer wieder kommt es zu spontanen Besuchen bei Bewohnern, die einem näher stehen und mit denen man den Kontakt pflegen will.»

Hochbetagte im Glauben stärken

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Senioren beim Essen im Betagtenheim Mattenhof, Bern
Auch aus der Generation 3 (den jungen Alten) werden Bibelstunden oder Abendmahlfeiern angeboten, die laut Peter Marti sehr geschätzt werden. Die alten Lieder zu singen, durch das Wort Gottes ermutigt und gestärkt werden, sei für sie ebenso wichtig, wie das gesunde Essen jeden Tag. Zur Strategie des neuen Heimleiters gehört auch begleitende Seelsorge, die dieses Jahr eingeführt werden soll. Wenn jemand mutlos ist, am Glauben zweifelt, vielleicht mit dem bisherigen Leben nicht zurechtkommt, mit jemandem unversöhnt ist, ist eine Begleitung angesagt. Die Gespräche sollen dabei möglichst regelmässig stattfinden, damit auch Ziele im geistlichen Wachstum erreicht werden können.

Wer diese Begleitung wahrnehmen will, muss bereit sein, sich selber oder in einer Gruppe weiterzubilden, erklärt Peter Marti: «Dies ist eine Chance für Rentner, die schon entsprechende Erfahrungen gemacht haben, in diesen Dienst, den das Heimpersonal nicht leisten kann, einzusteigen. In einem solchen Dienst wird Liebe und Zuwendung an andere weitergegeben. Und es bleibt nicht beim Geben, es kommt auch etwas zurück: Dankbarkeit.»

Übertragung der Gottesdienste für Betagte

Als weitere Unterstützung in diesem Prozess werden die Gottesdienste der ETG am Sonntag live in die Zimmer der alten Menschen übertragen. Auch dies werde sehr geschätzt. Peter Marti, der ehemalige Leiter der ETG Bern, ist glücklich über diese Entwicklung. Er erlebt die Aktivitäten der Generation 3 als persönlich sehr bereichernd: «Im Kontakt mit den Bewohnern wächst das Vertrauen zueinander und es wird möglich, auch über die letzte Lebensstrecke zu reden, über die Endlichkeit des Menschen und was gemäss der Bibel unsere Hoffnung ist nach dem Tod. Schon beim Eintritt eines Bewohners wird nach einer Patientenverfügung gefragt. Nicht alle haben eine ausgefüllt. Bei andern ist eine Anpassung nötig. Wenn wir als Generation 3 den noch Älteren helfen können, in diesen Fragen Klarheit zu bekommen, Dinge zu regeln, helfen wir ihnen auch, Ballast abzubauen, sich von Unwichtigem zu lösen und sich dem jetzt Wichtigen zuzuwenden. Da helfen wir mit – und es erfüllt auch uns.»

Webseite:
ETG Bern
Betagtenheim Mattenhof

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Datum: 18.07.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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