Hope to the World
Vom Recht, unglücklich zu sein
Livenet präsentiert in der Adventszeit 2017 die Serie «Hope to the World» mit 24 starken, ermutigenden Predigten. Heute mit einer Botschaft von Manuel Schmid, Pastor von ICF Basel. Er spricht über die Freiheit, unglücklich zu sein. «Denn wer klagt, der hat noch Hoffnung», ist der Theologe überzeugt.
Manuel Schmids Predigt über die Freiheit oder das Recht, unglücklich zu sein, war eingebettet in eine Serie zum Thema «Die Hoffnung stirbt zuletzt». Er meinte gleich zum Einstieg, dass er wohl in seinem Leben noch nie eine Predigt zum Thema Unglücklichsein gehört habe. Hier ein paar Auszüge aus seiner – auch wenn es der Titel nicht vermuten lässt – doch sehr hoffnungsvollen Message:Unsere glücksverliebte Kultur
Wir leben in einer glücksverliebten Kultur. Über die sozialen Medien werden die Glanzpunkte unseres Lebens, unser Familienglück und unser Erfolg, demonstriert. Es besteht ein erheblicher Druck im öffentlichen und privaten Leben, als glücklicher und lebensfroher Mensch dazustehen.
Es ist auch so, dass Leute mit einer positiven Lebenseinstellung positive Ergebnisse anziehen. Deshalb hat sich eine richtige Glaubensbewegung über das «Positive Denken» entwickelt. Diese Literatur gab es zu Zeiten von König David noch nicht. Das ist offensichtlich, denn die Hälfte der Psalmen sind ein eklatanter Verstoss gegen das positive Denken. Nehmen wir zum Beispiel Psalm 13: «Wie lange noch, Herr, willst du mich vergessen? Etwa für immer? Wie lange noch willst du dich vor mir verbergen? Wie lange noch muss ich unter tiefer Traurigkeit leiden und den ganzen Tag Kummer in meinem Herzen tragen? Wie lange noch darf mein Feind auf mich herabsehen? Schau doch her und antworte mir, Herr, mein Gott! Gib mir neuen Mut und lass meine Augen wieder leuchten, damit ich nicht in den Todesschlaf sinke! Mein Feind soll nicht sagen können: 'Jetzt habe ich ihn endgültig besiegt!' Meine Gegner sollen nicht jubeln und sich freuen, wenn ich den Halt verliere. Doch ich will auf deine Güte vertrauen, von ganzem Herzen will ich jubeln über deine Rettung! Mit meinem Lied will ich dem Herrn danken, weil er mir Gutes erwiesen hat.»
1.) Erlaube dir selbst, unglücklich zu sein!
David macht kein Geheimnis daraus, dass er den Spass am Leben verloren hat. Es ist keine Schande, auch mal richtig unglücklich zu sein. Auf bestimmte Erfahrungen und Lebenssituationen sollte man nicht mehr positiv reagieren. Man sollte so reagieren, dass man sich der eigenen Not und Verzweiflung stellt. Die Welt, in der wir leben, gibt uns nicht nur Anlass für positive Gedanken. Das Problem der Ideologie des «Positiven Denkens» ist, dass gewisse negative Gedanken und Gefühle verboten werden, was krankmachende Folgen hat. Fachärzte sind sich einig: Es ist zutiefst ungesund, wenn solche Gefühle verdrängt werden.
2.) In der Gegenwart Gottes zu seinem Unglück stehen
Unglück macht mit unserem Glauben etwas. So war es bei David. Sein Glaube wird angegriffen. Er hat Zweifel an der Güte Gottes. «Wo bist du, Gott? Warum greifst du nicht ein?» Darf man sich Gott gegenüber so äussern? Anscheinend schon. Sonst wäre uns dieses Gebet wohl nicht so überliefert worden.
Sogar Jesus höchstpersönlich tat es in seiner dunkelsten Stunde. Am Kreuz schrie er einen Klagepsalm zum Himmel: «Warum hast du mich verlassen?» Er übte sich nicht in positivem Denken. Wenn man am Kreuz hängt und leidet, gibt es keinen Platz mehr für positives Denken. Klagen ist das Gegenteil von positivem Denken, aber es ist nicht das Gegenteil von Hoffnung! Wer klagt, der hat noch Hoffnung! Wer noch am Kämpfen ist, hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Wer jedoch die Hoffnung aufgegeben hat, wird zynisch oder apathisch. Bei Gott ist der Ort, wo neue Hoffnung aufkeimen kann.
3.) Das Unglück anderer ertragen
Individuelle Klagepsalmen wurden bei den Juden gemeinsam gebetet. Eine ganze Gemeinschaft solidarisiert sich mit der Not einer Person. Einer Person wird zugestanden, diese Verzweiflung zu haben. Die Frage, die ich mir als Pastor stelle: Halten wir es als Kirche aus, unglückliche Menschen zu ertragen? Ist jemand willkommen unter uns, der in einer massiven Ehekrise oder in einer Glaubenskrise steckt? Fühlt sich so jemand bei uns willkommen? Unser Weg sollte sein, das Unglück des anderen zu ertragen und mitzutragen.
Die ganze Predigt von Manuel Schmid gibt es hier zum Nachhören:
Zum Thema:
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Autor: Florian Wüthrich / Manuel Schmid
Quelle: Livenet / ICF Basel