Christen: Mehr Lebensfreude oder Pseudo-Demut?

Lohnt es sich, als Christ zu leben? Macht Glaube glücklich? Viele wissenschaftlichen Untersuchungen belegen, dass Glaube einen positiven Effekt auf das Leben hat. Ulrich Giesekus hat sich auf die Suche nach Hintergründen gemacht.

Studien belegen, dass Christen mehr Lebensfreude haben.

Christen sind psychisch gesünder als der Durchschnitt der Bevölkerung. Menschen, die an einen gütigen Gott glauben, sind besser dran bei der Bewältigung von Lebenskrisen und Stress-Situationen. Sie werden seltener psychisch krank und sind für psychosomatische Krankheiten weniger anfällig. Wenn sie dann doch einmal krank werden, vertrauen sie leichter auf ihre Heilung und werden dadurch auch schneller gesund.

Sie sind insgesamt weniger ängstlich und depressiv, sie haben mehr Freude am Sex, und ihre Ehen und Familien sind gesünder und halten häufiger dem Stress des Alltags stand. Christen trinken und rauchen weniger, nehmen seltener Drogen und sind schon rein körperlich deswegen fitter als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Soweit einmal eine kleine Auswahl der Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen, die sich mit Lebensglück, Lebenserfolg und dem Lebensstil frommer Menschen befassen. Meiner Meinung nach heisst es also nicht: "fromm, aber trotzdem einigermassen fit", sondern "fromm und okay". Christsein und seelisch gesund sein widerspricht einander nämlich nicht.

Christliche Pseudo-Demut

Doch es gibt auch andere Seiten. Es gibt verklemmte, depressive und zwanghafte Christen. Ich bin als gläubiger Psychotherapeut fast täglich mit ihnen beschäftigt und versuche ihnen zu helfen. Es stimmt, dass in bestimmten frommen Kreisen Depressionen, Sexualstörungen und Zwänge fast schon die Regel sind.

Es stimmt, dass manche Menschen ihre Selbstunsicherheit und übertriebenen Minderwertigkeitsgefühle hinter einer frommen Pseudo-Demut mühsam verbergen. Und natürlich ist es wahr, dass für manche die Frömmigkeit selbst zu einer Art Zwangsstörung geworden ist, bei der weite Teile des Alltags ritualisiert und unfrei gestaltet werden. Aber das ist nicht gleichzusetzen mit einem biblisch orientierten und in Jesus Christus verankerten Glauben.


Pseudo-Demut gehört nicht zum Christsein.

Im Folgenden möchte ich gerne einige christliche Lebensfreude-Faktoren beschreiben:

1. Gottes Ordnungen dienen dem Leben

Christen verstehen das Einhalten der göttlichen Spielregeln nicht als eine Form des rituellen Gottesdienstes, bei dem man das meiste verboten bekommt, was Spass macht. Biblisch orientierter Glaube verkündet genau das Gegenteil: Gott ist derjenige, der die Freude erfunden hat und der als "Hersteller" dem "Produkt Mensch" eine Gebrauchsanweisung beigelegt hat.

Wenn man den Untersuchungen glaubt, scheinen Menschen, die in eine christliche Gemeinde gehen, die Einladung Gottes zu einem befreiten und geordneten Leben tatsächlich ernst zu nehmen und in einem deutlichen Mass ihre Alltagsgestaltung danach auszurichten.

Bei Christen gibt es beispielsweise - deutlich häufiger als im Rest der Gesellschaft - eine höhere Bereitschaft, sich in Beziehungen auch durch Krisen durchzuarbeiten. Die Schwelle zum Wegwerfen von Beziehungen ist relativ hoch. Lebensqualität hängt zum grossen Teil davon ab, inwieweit wir im Einklang mit den Schöpfungsordnungen, mit anderen und uns selbst leben.

2. Lebenssinn durch Dienen und Hingabe

Dienen und Hingabe - diese sehr unmodernen Worte beschreiben das, was in der modernen Psychologie Sinnfindung genannt wird. Wer einen christuszentrierten Glauben lebt, dreht sich nicht um sich selbst, sondern entwickelt einen Blick für andere. Gesunde Selbstverwirklichung beinhaltet, eigene Bedürfnisse wie die der anderen wahrzunehmen, d.h. geben und nehmen zu können.

Viele Suchtstörungen, Depressionen, Ängste und Beziehungsstörungen sind durch ein Vakuum an Sinn verursacht. Sinn ist aber immer durch ein grösseres, ausserhalb der Person liegendes Ziel bestimmt. Wer sich um sich selber dreht, verpasst deshalb das Eigentliche, nämlich Ziele zu verfolgen, die es wert sind.

Die Alternative zur Sucht nach mehr heisst: Erfüllung durch echte Werte. Und da hat die Gemeinde Jesu allerhand zu bieten. Natürlich ist die christliche Gemeinde nicht "idealer" als irgendeine andere menschliche Gruppierung. Aber sie hat Ideale. Und wenn man nach denen lebt, ist das sogar recht gesund.

3. Christsein heisst: in Gemeinschaft leben

Wer Christus nachfolgt, tut das nicht alleine, sondern innerhalb einer grossen weltweiten Familie. Hier gilt zwar, was auch für andere Familien gilt, nämlich, dass man sie sich im Gegensatz zu Freunden nicht aussuchen kann - aber gerade darin liegen die Möglichkeiten: christliche Gemeinschaft als Geborgenheits- und Frustrationsrahmen für eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung.

Und wenn wir davon ausgehen, dass Persönlichkeitsentwicklung niemals aufhört, brauchen wir das Spannungsfeld von möglichst guten Ressourcen und möglichst hilfreichen Frustsituationen bis an das Ende unseres Lebens. Wir finden in Gemeinden ein soziales Netz. Das ist heute vielleicht umso wichtiger, als die Mobilität unserer Gesellschaft enorm zunimmt. Die psychologische Notwendigkeit von guten Beziehungen ist hinreichend bewiesen. Und über die Bedeutung der christlichen Gemeinschaft für die spirituelle Gesundheit lässt die Bibel keinen Zweifel: er segnet die Gemeinschaft seiner Kinder.


Leben als Christ: Das Beste kommt noch!

Das Beste kommt noch

Ein gesunder Glaube ist also die eine grosse Chance für ein von Ballast befreites, sinnerfülltes Leben! Und: Mit Blick auf die Ewigkeit in der Gemeinschaft mit Gott wird manches erträglich, was unerträglich wäre, wenn das alles wäre. Aber wir wissen: Das Beste kommt noch. Wenn das kein Grund zum Freuen ist...

Bearbeiteter und gekürzter Abdruck aus
Ulrich Giesekus, "Glaub dich nicht krank. Befreites Christsein leben", R.Brockhaus Verlag, Wuppertal, 4. Auflage 2006


Christen sind glücklicher!

Eine britische Untersuchung, die von der Evangelischen Allianz und dem christlichen Radiosender Premier Radio in Auftrag gegeben wurde, hat gezeigt, dass Christen die glücklichsten Menschen in Grossbritannien sind. 75 Prozent aller Kirchgänger gaben an, glücklich zu sein. Von den Nicht-Kirchgängern behaupteten das nur 54 Prozent. Peter Kerridge, Geschäftsführer von Premier Radio, sagte zu den Ergebnissen: "Viele Christen sind glücklich, weil sie sich von Gott angenommen und geliebt fühlen." Für die Studie wurden 2000 Personen befragt. Aus den USA sind ähnliche Zahlen bekannt.

Autor: Dr. Ulrich Giesekus
Quelle: Erschienen in come 4-06


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