Vitaminbomben für Bedürftige
Eierfarm in Kambodscha vorübergehend in Hilfswerk umgewandelt
David Keller lebte mit seiner Familie viele Jahre in Kambodscha, wo er die Hühnereierfarm «eggscellent» aufbaute. Die Corona-Pandemie hat zu einem plötzlichen und fast kompletten Einbruch des Absatzes geführt. Aber eine geniale Idee wurde zum Segen für viele: Nun werden Eier an Bedürftige verteilt!
Livenet sprach mit dem Gründer dieser «eggscellent»-Hühnerfarm über die Veränderungen während der Krise. David Keller arbeitet seit September 2020 für SAM global und betreut auf diesem Weg weiterhin aus der Ferne «sein» Pionierprojekt in Kambodscha. Heute ist Keller Länderverantwortlicher für Asien beim Hilfswerk SAM global.
David
Keller, «eggscellent» besteht ja schon seit rund zehn Jahren. Aber wie sind Sie
auf die Idee mit dem Eierspende-Projekt gekommen?
Wenn
man eine Eierfarm mit 18 lokalen Leitenden und Mitarbeitenden und vielen (ca.
sieben Tausend) glücklichen Hühnern hat, merkt man ziemlich rasch, wenn der
Absatzmarkt plötzlich zusammenbricht: Die Eierlager füllen sich extrem schnell,
denn die Hühner kümmert Corona nicht und sie legen fröhlich weiter – sie werden
ja auch alle sechs Wochen dagegen geimpft, und das schon seit Jahren (bei
Hühnern heisst die Corona-Krankheit allerdings Infectious Bronchitis). Alte Eier
will niemand sehen oder riechen, und so war ein schnelles Handeln angesagt.
«eggscellent»
ist eine Art Hilfswerk geworden – inwiefern?
Bekanntlich
sind Probleme auch immer Chancen. Ein amerikanischer Freund äusserte im
Gespräch die zündende Idee: «Vielleicht kann ich ja Eier über meine Kontakte zu
lokalen NGOs und Gemeinden verschenken. Die Vitaminbomben wären in dieser
Pandemiezeit das perfekte Produkt für bedürftige Menschen. Wenn wir genug Unterstützende
finden, müsste es gelingen!» – Und es ist gelungen, und zwar mit einer
dreifachen Wirkung: Erstens erhalten die bedürftigen Personen ein gesundes
Nahrungsmittel als Ergänzung zum täglichen Reis. Zweitens können die Gemeinden
oder NGOs so Kontakte knüpfen, sie pflegen und bei Krisensituationen helfen.
Und drittens kann «eggscellent» seine Mitarbeitenden behalten. Staatliche
Unterstützung wie etwa Kurzarbeit gibt es hier nicht.
Wie
funktioniert «eggscellent» in «normalen» Zeiten?
«eggscellent»
ist ein soziales Unternehmen, das tierfreundliche Landwirtschaft vorlebt und so
höchste Qualität liefert. Die Idee ist, dass wir die ganze Kette vom Stall bis
in die Küchen betreuen. Unsere Kunden sind Hotels, Restaurants und Supermärkte.
Dementsprechend abhängig sind wir vom Tourismus, denn vor allem die
ausländischen Touristen sind bereit, den etwas höheren Preis zu bezahlen.
«eggscellent» ist an drei Orten tätig: Die Farm auf dem abgelegenen Land, der Hauptvertriebszweig in der Touristenstadt Siem Reap neben dem Weltkulturerbe Angkor Wat und die Verkaufsfiliale in der Hauptstadt.
Was
haben Sie in den 14 Jahren in Kambodscha insgesamt gemacht?
Zuerst
haben meine Frau und ich mit Strassenkindern in den Armenquartieren der
Hauptstadt gearbeitet und dabei die Sprache Khmer gelernt. Danach verliessen
wir die Hauptstadt Richtung Norden und haben eine Marktuntersuchung gemacht, da
wir Arbeitsplätze schaffen wollten. Dann kam eine lange Aufbauphase vom
Hinterhof-Hühnerstall bis zur heutigen Farm.
Wie
offen sind die Menschen in Kambodscha für den christlichen Glauben?
Einige
sind schon echt interessiert. Generell sind aber die traditionell
buddhistischen Kambodschaner/innen meist liebenswürdige Menschen und hören freundlich
zu – so kann man das Gefühl bekommen, sie seien sehr offen für den christlichen
Glauben. Doch ich denke, das Gleichnis vom Sämann trifft auch hier zu: Nur
einige Samen fallen in gute Erde und wachsen zu starken Pflanzen heran.
Welche
Lebensveränderungen durch den Glauben haben Sie in Kambodscha gesehen?
Über
die Jahre haben wir viele beeindruckende Situationen erlebt. Viele Menschen
leben in Angst vor der Geisterwelt und deren Einfluss auf ihr Leben. Aber es
gibt auch sichtbare Veränderung durch den christlichen Glauben: Leute, die
während dem jahrelangen Bürgerkrieg auf verschiedenen Seiten gelebt und
gekämpft haben, sind jetzt Säulen von lokalen Kirchen oder NGOs. Und es gibt
immer wieder Menschen, die sich von den Geistern abwenden, ihre Amulette und
andere Gegenstände verbrennen und erleben, wie Gott ihr Leben verändert. Wir
wünschen uns oft, dass die Geschichten dort enden würden, doch meistens geht
der Kampf weiter. Obwohl es keine Verfolgung gibt, bleiben die
Herausforderungen des Lebens: Es gibt viele Unfälle, Krankheiten und «zu frühe»
Todesfälle sind viel häufiger als in der Schweiz. So wird der Glaube immer
wieder herausgefordert und die Versuchung, z.B. bei Krankheitsfällen den
Geister-Doktor aufzusuchen, bleibt gross – und der familiäre Druck ebenso.
Nun
arbeiten Sie wieder in der Schweiz. Was sind hier Ihre Aufgaben?
Seit
September 2020 arbeite ich bei SAM global und bin froh, so auch das Projekt
«eggscellent» weiterbetreuen zu können. Daneben bin ich für die Arbeit in Nepal,
Indien und China zuständig. Unsere Vision ist, uns verstärkt an Gottes
Wirken in Asien zu beteiligen. Meine Hauptaufgabe ist es, diejenigen Projekte
und Partner zu finden, die Gott für SAM global vorgesehen hat. Und wir wollen, können
und sollen die Arbeit nicht alleine tun, sondern im Teamwork mit unseren
Unterstützenden, Partnern und berufenen Menschen, für die wir spannende Stellen
haben!
Zur Webseite:
Projekt «eggscellent»
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet